Luftaufnahme vom Kapellplatz Altötting.

Tagebuch des Bürgermeisters

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Samstag, 09. April 2005

Samstag, 09. April 2005

Ca. 08.00 Uhr:
Anruf der Polizeiinspektion Altötting und Information, daß heute Nacht das Tilly-Denkmal am Kapellplatz mit roter Farbe beschmiert wurde.

08.15 Uhr:
Bin am Kapellplatz. Die Hände von Tilly am Denkmal, seine Waffen und sein Bauch sind voll roter Farbe. Die Kunstgießerei Strehle versucht erfolgreich, die Farbe abzuwaschen.

10.30 Uhr:
Einweihung des Denkmals von Tilly. Festakt im Kongregationssaal der Marianischen Männerkongregation. Ich spreche ein Grußwort. Anschließend Segnung des Denkmals.

Text Grußwort
"

Einweihung des Tillydenkmals auf dem Kapellplatz

am Samstag, 09. April 2005, 10.30 Uhr

Grußwort von Ersten Bürgermeister Herbert Hofauer

 

 

• Hochwürdige Geistlichkeit,

• Pater Präses Georg Greimel,

• Herr Präfekt Posch,

• Herr Administrator Furtner,

• Herr Landrat Schneider,

• sehr geehrter Herr Dr. Immler,

• liebe Mitsodalen,

• meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

 

 

 

Für die Marianische Männerkongregation Altötting geht mit der heutigen Einweihung des Tillydenkmals von Sebastian Osterrieder ein langer Weg zu Ende, auf dem sich die MC über viele Jahrzehnte hinweg bemüht hat, eine Aufstellung dieses Denkmals auf dem Altöttinger Kapellplatz zu erreichen.

 

Immer wieder wurden in dieser Zeit von den unterschiedlichsten Fachstellen und insbesondere von der Denkmalpflege erhebliche Gegenargumente vorgetragen, die dann den Altöttinger Stadtrat ebenso regelmäßig bewegten, die Genehmigung für eine Aufstellung zu versagen.

Vielfältige Reaktionen hat dieses vorgetragene Begehren der MC auch in den Medien hervorgerufen, wochenlange Leserbrief-Serien in unserer Heimatzeitung waren durch die Jahrzehnte hindurch jeweils die Folge und eine engagierte und immer konträre Diskussion der Leserbrief-Autoren, ob es notwendig, wünschenswert, angemessen oder abzulehnen sei, dem Feldherrn der Katholischen Liga im Dreißigjährigen Krieg hier auf dem altehrwürdigen Kapellplatz zu Altötting dieses Denkmal zu setzen.

 

Fragen wurden diskutiert, ob sich dieses Denkmal in das großartig historische Umfeld dieses Platzes einfügen werde oder ob es als Fremdkörper stören könnte, ob es zeitgemäß und wirklich ein gutes und verständliches Zeichen sei, heute einem Feldherren des „Dreißigjährigen Krieges“ ein Reiterstandbild zu setzen.

 

Fragen der Ökumene wurden gestellt und mancher überlegte auch, wie das überwiegend katholische Altötting wohl reagiert hätte, wenn die evangelisch-lutherische Kirche in Altötting-Süd nicht „Zum Guten Hirten“ sondern von ihren Erbauern nach König Gustav-Adolf benannt worden wäre, wie dies andern Orts bei evangelisch-lutherischen Kirchen ja auch tatsächlich geschehen ist.

 

Ich halte diese Diskussion für absolut legitim.

 

Gleichzeitig mache ich aber auch sehr deutlich, daß ich die Beschmierung des Denkmals mit roter Farbe, die heute Nacht geschehen ist, als einen feigen Akt und eine Straftat verurteile, als einen Anschlag der Gewalt, dessen sich jene schämen müssen, die nicht die Auseinandersetzung des Geistes und des Wortes wählten sondern im Dunkel der Nacht an ihr primitives Werk gingen.

 

Ich mache bei dieser heutigen Einweihung des Denkmals, dessen Aufstellung unser Stadtrat im vergangenen Jahr mehrheitlich genehmigt hat, kein Hehl daraus, daß ich die Diskussion dieser Fragen und ihre Berechtigung nachvollziehen kann, obwohl mir natürlich auch völlig bewußt ist, daß die MC nicht den „Kriegsherren“ sondern den erklärten Verehrer der Muttergottes von Altötting und ihres Heiligtums ehren will, der das Altöttinger Gnadenbild in seiner Kriegsflagge führte.

 

Ich mache auch kein Hehl daraus, daß ich persönlich und mit mir auch eine Reihe von Stadtratskollegen diesen Standort zwischen Stiftskirche und Gnadenkapelle für ebenso falsch halten wie auch die Tatsache, daß die gleichermaßen fundiert und massiv vorgetragenen Bedenken des Stadtheimatpflegers, der Kreisheimatpflegerin und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege offensichtlich einfach vom Tisch gewischt wurden.

 

Dieses Tillydenkmal, das in hoher kunsthandwerklicher Qualität von der Kunstgießerei Strehle in Eisenfelden gefertigt wurde, wird wohl auch künftig für Fragen sorgen, für Fragen, die alle schon in den letzten Jahrzehnten gestellt wurden.

 

Und diese Fragen lauten zum Beispiel:

 

Nach welchen Gesichtspunkten wählen wir die Menschen aus, die wir auf Postamente stellen?

 

Sind es die richtigen Persönlichkeiten, die wir der Bürgerschaft, unserer Jugend und unseren Wallfahrtsgästen als Vorbilder präsentieren?

 

Wie stehen wir zu Konflikten und Kriegen früherer und heutiger Zeit, die im Namen des Glaubens ausgetragen werden, in Nordirland und im Heiligen Land, im früheren Jugoslawien, in Afrika und überall dort auf der Welt, wo Menschen wirklich oder angeblich um des Glaubens willen gegeneinander kämpfen, Katholiken gegen Protestanten, Protestanten gegen Katholiken, Moslems gegen Christen, Buddhisten gegen Hindus und so weiter.

 

Ist das Symbol der von uns allen verehrten Mutter Gottes wirklich erträglich auf einer Kriegsfahne, durfte und darf der Glaube – und sei es unser eigener, katholischer wirklich mit Feuer und Schwert verteidigt oder verbreitet werden, wie dies in der Geschichte immer wieder der Fall war, nicht zuletzt auch im „Dreißigjährigen Krieg“?

 

Gehören nicht viel eher die Friedensstifter auf die Denkmalsockel, die Franz von Assisi, die Mutter Theresas, die Maximilian Kolbes, die Franz Jägerstetters und die Dietrich Bonhoeffer`s – er starb im übrigen als protestantischer Christ genau heute vor 60 Jahren seinen Märtyrertod im Konzentrationslager Flossenbürg - und viele andere, eben jene, die die Bergpredigt Jesu und die 10-Gebote des Alten Testamentes wörtlich genommen und erkannt haben, daß diese nicht unter Vorbehalt gemeint sind, nicht nur mit Einschränkung, jene, die immer wussten, daß nicht der Zweck die Mittel heiligt?

 

Unser gestern zu Grabe getragener Papst Johannes Paul II. sagte am 22. März 1998 bei einem Treffen mit Muslimführern in Nigeria:

 

Zitat:

 

„Religion kann missbraucht werden, und es ist sicherlich Pflicht der religiösen Führungskräfte, sie davor in Schutz zu nehmen. Vor allem immer dann, wenn im Namen von Religion Gewalt angewendet wird, müssen wir jedermann klarmachen, daß es sich in diesen Fällen nicht um wahre Religion handelt. Denn der Allmächtige kann nie die Zerstörung des eigenen Bildes in seinen Kindern zulassen.“

 

Zitat-Ende.

 

Fragen über Fragen und viele Antworten werden darauf gegeben werden.

 

Ich bin dankbar über die Initiative von Stadtrat Dr. Rudolf Saller, durch eine geplante Ausstellung Licht in das Leben von Tilly zu bringen, über die Rolle Tillys als gläubiger Mensch, Feldherr und Marienverehrer, Licht auch in seine Zeit und in die politischen Wirren, die es damals für Staat und Kirche zu bestehen galt.

 

Denn nur aus dieser Zeit heraus ist Tilly zu verstehen, sein Handeln und Unterlassen und sein Leben, das Krieg und Glauben

vereinen musste.

 

Vieles Widersprüchliche würde dabei sicherlich verständlicher werden.

 

Lassen Sie mich mit einem letzten Gedanken schließen:

 

Die MC betet in ihrem Weihegebet an die Mutter Gottes:

 

„Ich nehme mir fest vor, Dich nie zu verlassen, nie etwas gegen Dich zu sagen oder zu tun, noch zuzulassen, daß von anderen etwas wider Deine Ehre geschieht.“

 

Wenn heute jemand auf die Idee käme, das gerade von uns Altöttingern so verehrte Bildnis der Gnadenmutter auf eine Kriegsfahne nähen zu lassen und unter ihrem Zeichen in die Schlacht zu ziehen, müßten wir Sodalen, die wir dieses Weihegebet zweimal im Jahr bei den Hauptfesten sprechen, wohl massiv dagegen vorgehen.

 

Denn – gleich welchem Zweck der Krieg auch dienen möge – ist eine Kriegsflagge sicher ein Ort, der der Ehre der Gottesmutter in besonderer Weise widersprechen würde.

 

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit."



12.10 Uhr - 15.00 Uhr:
Arbeiten im Büro. Vorbereitung auf die nächste Woche. Vorbereitung der Stadtratssitzung am Mittwoch. Post vom Freitag lesen und bearbeiten. Zeitungen lesen. Schriftverkehr.

15.00 Uhr bis 16.30 Uhr:
Jahreshauptversammlung des Ortsvereins der Arbeiterwohlfahrt im Sozialzentrum der AWO an der Hillmannstraße. Ich habe ein Grußwort zu sprechen und langjährige Mitglieder zu ehren.



16.30 Uhr bis 17.30 Uhr:
Arbeiten im Büro.