Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Adalbert-Vogl-Straße

Adalbert-Vogl-Straße

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger

 

Die Adalbert-Vogl-Straße verbindet die Raitenharter Straße mit der Holzhauser Straße und wurde in den 50er Jahren vom Altöttinger Stadtrat nach dem Administrator der Hl. Kapelle, Msgr. Adalbert Vogl benannt, der von den Nazis hingerichtet wurde.

Portrait von Adalbert Vogl

Adalbert Vogl wurde am 8. März 1876 als Sohn der Zolleinnehmersleute Sebastian und Katharina Vogl im oberbayerischen Reisach bei Oberaudorf/Inn geboren. Von den elf Geschwistern starben vier im frühen Kindesalter. Die drei Söhne, Sebastian, Karl und Adalbert wandten sich dem geistlichen Stande zu. Nach der Versetzung des Vaters nach Egglfing erwarb dieser ein Häuschen im nahen Pocking, wo jeder der drei Brüder seine Primiz feierte. Adalberts erste Dienststellen waren Zeilarn, Hals bei Passau und Vilshofen.

Am 26. April 1906 trat Vogl die Stadtpfarrkooperatorenstelle in Altötting an, wo er durch fast vier Jahrzehnte als großer Freund der Schulkinder und beliebter Katechet segensreich wirkte. Nach langen Verhandlungen wurde 1913 das Krankenhausbenefizium als Kooperaturbenefizium für die Seelsorge am Krankenhaus, Marienstift und Bruderhaus errichtet und Vogl zum ersten Kuraten ernannt. Mit viel Geschick hat er nicht nur den Bau des Kuratenhauses bewerkstelligt, sondern darüber hinaus auch die Gelder zur finanziellen Fundierung dieses Benefiziums organisiert. Der leutselige und kontaktfreudige Geistliche erwarb sich im Laufe der Jahre einen großen Bekanntenkreis, der ihm in seiner späteren Stellung von Nutzen war.

Als sich im Mai 1924 die Stelle des weltlichen Kapelladministrators erledigte, wurde Adalbert Vogl zum ersten geistlichen Administrator berufen, was der Altötting-Wallfahrt in den schweren Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zu neuer Blüte verhalf:

  • Zunahme der organisierten Eisenbahn-Wallfahrt
  • regelmäßige Pilgerleiter-Konferenzen
  • verstärkte geistliche Betreuung der Wallfahrer
  • Kapellplatz-Illuminierung bei Lichterprozessionen
  • Baumaßnahmen in der Gnadenkapelle: Notausgang, Heizungseinbau, Anhebung des Bodenniveaus im Langhaus

                             

Aber auch für die wirtschaftlichen Notwendigkeiten zeigte sich Administrator Vogl aufgeschlossen. So beteiligte er sich 1924 auch als Mitgründer und Aufsichtsrat der Gewerbebank, der späteren Volksbank.

An der Wiedererrichtung des 3. Stifts (1. Stift: König Karlmann 876 bis 907; 2. Stift: Ludwig der Kelheimer 1231 bis 1803) im Jahre 1929 hatte Vogl maßgeblichen Anteil. Als „Spiritus rector“ leitete er Kauf und Abriss des baufälligen Fenthofes sowie Finanzierung und Neubau des Rupertusstiftes an der Konventstraße. Außerdem erbaute er die Pfarrturnhalle an der Holzhauser Straße, erweiterte die Sakristei der Stiftspfarrkirche, ordnete das Kapellarchiv und besorgte den Bau der Kapitelsgruft in der Sebastianikapelle im Jahre 1933.

Auch in den schlimmsten Zeiten des Naziterrors vermied es Adalbert Vogl, den Parteibonzen Angriffsflächen zu bieten. Umso tragischer musste es erscheinen, dass ein einmaliges Aufflammen kirchlich-patriotischer Gesinnung in den letzten Kriegstagen seinen Tod herbeiführte. Als nämlich in den frühen Morgenstunden des 28. April 1945 der Münchner Radiosender die Meldung vom Erfolg der Freiheitsaktion des Hauptmanns Gerngroß unter der Parole „Fasanenjagd“ verbreitete, begab sich der Administrator – aus heutiger Sicht zu voreilig – ins Altöttinger Rathaus. Dort wollte er in Erfahrung bringen, ob man anstatt der Hakenkreuzfahne wieder die althergebrachte weiß-blaue Rautenfahne hissen dürfe und die Rückführung der im Bruderhaus provisorisch untergebrachten Gnadenbild-Kopie an seinen früheren Stammplatz im Sitzungssaal des Rathauses anregen solle.

Als er dort keinen Ansprechpartner fand, begab er sich ins Landratsamt (heute: Max-Keller-Schule), wo er ebenfalls keinen Verantwortlichen antraf. Deshalb kehrte er in die Administration zurück. Inzwischen aber war die Meldung vom gescheiterten Putschversuch der Freiheitsbewegung eingetroffen und die Schritte des Dekans von Nazigrößen beobachtet und verraten worden. Obwohl Adalbert Vogl im eigentlichen Sinn nicht zum Kreis der Widerständler gehörte, wurde er mittags verhaftet und trotz Unschuldsbeteuerungen zusammen mit fünf weiteren Altöttinger Bürgern am Samstag, 28. April 1945 um halb vier Uhr nachmittags in einer Ecke des Landratshofs durch Genickschuss von der SS grausam ermordet und im Friedhof verscharrt.

Kapelladministrator Adalbert Vogl ruht in der Familiengruft des Michaeli-Friedhofs. Eine Erinnerungstafel in der Rastkapelle mahnt:

Ihre Namen sollen unvergessen, ihr Andenken heilig sein. Ihr Opfer sei uns Vermächtnis und Verpflichtung!“

 

Quellen:       
Becker, Peter: Der 28. April in Altötting, 2005;
Strauß/Lerch: Altötting in alten Ansichten Bd. 2, 2002;
König, C.J.M.: Dreimal Chorherrnstift Altötting, 1949, Passavia Verlag Passau, mit freundlicher Genehmigung © Battenberg Gietl Verlag Regenstauf