Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Josef-Leitl-Straße

Josef-Leitl-Straße

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger


Am 19. April 1860 im niederbayerischen Zainach bei Eggenfelden geboren, arbeitete Josef Leitl nach Abschluss der Schulzeit als Elektrotechniker in der Maschinenfabrik Esterer in Altötting. 1878 gelang dem Freizeit-Tüftler aus der Nachbarstadt Neuötting die Erfindung einer leistungsfähigen elektrischen Dynamomaschine, der ersten in Bayern. Die dazu nötige Energie lieferte der aufgestaute Mörnbach. Gegenüber der bisher üblichen Petroleumfunsel war die Helligkeit ein technologischer Fortschritt. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde von der neuen Lichtanlage und war die Attraktion auf allen Volksfesten. Um seine Erfindung in größerem Umfeld zu nutzen, fehlte dem Elektropionier allerdings das dazu notwendige Geld. Diesem Umstand nutzte der bekannte Nürnberger Unternehmer Sigmund Schuckert und bat Leitl mit einer fadenscheinigen Begründung um kurzzeitige Überlassung seines Dynamos gegen eine „Leihgebühr“ von 200 Mark. Ohne Wissen Leitls konstruierte Schuckert aber solche Maschinen unter dem „Typ J. L.“ und belieferte damit ganz Amerika. Patentschutz gab es damals noch nicht und so musste der Erfinder der Verbreitung seiner Dynamos hilflos zusehen.

Bild von Josef Leitl

Aber Leitl ließ sich nicht beirren. Er versorgte insgesamt 28 Städte in Bayern und Österreich mit Zentralbeleuchtungsanlagen und etwa 300 kleinere elektrische Kraftanlagen (Sägewerk, Mühlen usw.) mit Strom (Tittmoning, Wasserburg, Landau, Pfarrkirchen, Braunau). In Neuötting installierte er 1887 die erste elektrische Beleuchtung.

Großes Aufsehen gab es im August 1890 beim Landwirtschaftsfest auf der Pallaufwiese in Altötting, für deren Ausstellungshallen Josef Leitl Bogenlampen installierte, angetrieben von Esterer´schen Lokomobilen.

Der erste elektrische Trambahnwagen Neuöttings wurde im Garten Josef Leitls (Frauenhoferstraße 10) am 16. April 1896 in Betrieb genommen und erfreute 18 Jahre Jung und Alt, bis die Räder abgefahren und die Gleise gänzlich unbrauchbar geworden waren.

Kinder sitzen in einer alten Straßenbahn.

Eine Sensation bahnte sich an, als Josef Leitl 1907 mit seinem 15-jährigen Sohn Franz Xaver und zwei Gehilfen auf die Spitze des damals eingerüsteten Turmes der Neuöttinger Stadtpfarrkirche kletterten und auf die Kirchturmspitze in luftiger Höhe einen fünf Meter hohen Christbaum befestigten, der in der Christnacht im hellen Lichterglanz seiner 48 bunten hundertkerzigen Lampen erstrahlte und weithin sichtbar im ganzen Inntal Weihnachtsfreude auslöste.

Josef Leitl sen. war es auch, der 1908 beim Oktoberfest die erste elektrische Feuerwehrspritze vorführte und das Interesse des Prinzen Ludwig und seines Hoffeuerspritzen-Kommandanten Kirchmeier auf sich zog. Dieser prophezeite: „Herr Leitl, diese Motorspritzen kommen noch. Sie aber können solche nicht verkaufen. Sie sind noch zu früh dran!“ So war Leitl wieder einmal seiner Zeit weit voraus.

Auch ist es unserem Elektropionier zu verdanken, dass beim Einbruch in die Altöttinger Schatzkammer in der Nacht zum 7. Oktober 1921 beide Einbrecher gefasst und so der Diebstahl des Goldenen Rößls vereitelt werden konnte. Als gewiefter Praktiker hatte er beim Einbau der Sicherungsanlage sich nicht an die Vorgaben seiner geistlichen Auftraggeber gehalten, sondern eigenverantwortlich und unentgeltlich einen zusätzlichen Kontakt im Sockelkasten des Goldenen Rößls angebracht, der das entscheidende Alarmsignal auslöste. So wurde Leitl zum Retter eines Millionenwertes.

Nach der Betriebsübergabe an seinen Sohn Franz Xaver versah er den Mesnerdienst in der Neuöttinger Stadtpfarrkirche, bis ein anderer am 23. Januar 1936 nun für ihn die Totenglocke läutete.

    

Fotos: Archiv Fotostudio Strauß/Oettinger Land, Band 14, Jahresfolge 1994
(1) Josef Leitl mit seiner Dynamomaschine.
(2) Der elektrische Trambahnwagen im Garten des Anwesens Leitl.