Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Marienstraße

Marienstraße

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger

Sie zählt zu den ältesten Straßen unserer Stadt und verläuft, vom Tillyplatz ausgehend, hinunter in die Mörnbachniederung, wo sie in die Mühldorfer Straße einmündet. Bis ins 19. Jahrhundert hieß sie „hintere oder Hofgasse“. Auf ihr spielte sich seit dem frühen Mittelalter das dörfliche Leben der Hofmarksbewohner ab, zugleich aber war sie auch der Verbindungsweg von München nach Burghausen und seit 1644 kaiserliche Postroute ins ferne Wien. Um den Weg über den „Hof“, wie der Kapellplatz früher genannt wurde, zu vermeiden, lieferten die zins- und scharwerkspflichtigen Hofmarksuntertanen ihre Dienst- und Zehentfuhren über die Hofgasse in die Kornspeicher des Propsteihofs (heute Am Kreuzweg) ab.

Zu Zeiten der alljährlich stattfindenden Dult war auf dem Hof im Gewirr der engen Budengassen für Reisende kein Durchkommen mehr. Da bot sich die Hofgasse mit der Wiener Straße (heute Burghauser Straße) förmlich als Umgehungsstraße an.

Diese „hintere Gasse“ pflegten, wie aus dem 17. Jahrhundert vermeldet wird, auch keine anderen Personen als des „rechten Glaubens und der Muttergottes Widersacher“ zu passieren, während alle anderen, auf der Post reisenden katholischen Christen bei der Hl. Kapelle zu einem kurzen Gebet abstiegen. Die baulichen Verhältnisse in der alten Hofgasse vor 300 Jahren zeigt uns Tobias Schinnagls Kupferstich vom Jahre 1662 sowie Enrico Zuccallis Ortsplan von 1678.

Von der Dorfmitte der Hofmark mit dem Urmeierhof (Vonpeckhof, 1958 abgebrochen), dem Stiftsschulhaus (1922 abgerissen), der St. Peterskapelle mit dem alten Petersfriedhof (1812 aufgelassen), fällt der Propsteihof mit seinen Kornspeichern zur Aufnahme der Zehentabgaben, sowie das Propsteiverwalterhaus mit seiner Landshuter Backsteingotik (1964 abgerissen) auf. Weiter hangabwärtserstreckt sich der propsteiliche Obstbaumgarten. Gegenüber an der Südseite der Hofgasse, der im italienischen Stil angelegte und vom Hofgärtner gepflegte Lustgarten, anschließend das Gehöft des Strohmairbauern (1937 abgebrochen), heute Parkplatz mit Tiefgarage, auf dem der Wochenmarkt abgehalten wird.

Der untere südwestliche Bereich der Hofmark war geprägt von grundherrlichen Handwerks- und Gewerbebetrieben aus der Zeit um 1500: Hofmetzger, Wagner und Bachschmied. Hier standen dicht gedrängt die Behausungen für Chorherren und Kapellbedienstete: Kapellgegenschreiberhaus, Chorherr-Winkler-Haus und das Kaplanhaus. Unübersehbar und behäbig sticht das feuergefährdete und deshalb aus Stein gemauerte Hofmarksbad heraus, das wegen seines Wasserverbrauchs am Mörnbach stand.

So weist die alte Hofgasse mit ihrem Häuserbestand weit in Altötttings frühbairische Vergangenheit zurück. Erst spät zur Zeit des Ersten Weltkriegs bürgerte sich die heutige Bezeichnung „Marienstraße“ ein.

 

Quellen: Wondrak, Häusergeschichte
Stadtarchiv Altötting