Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Martin-Greif-Straße

Martin-Greif-Straße

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger


Die Martin-Greif-Straße verbindet im Süden der Stadt die Ludwig-Thoma-Straße mit der Waldschmidstraße. Benannt ist sie nach dem Lyriker und Dramatiker Martin Greif (1839-1911), der eigentlich mit bürgerlichem Namen Friedrich Hermann Frey hieß. Er wurde geboren am 18. Juni 1839 in Speyer als Sohn eines königlich-bayerischen Regierungsrats und verbrachte bis zum 16. Lebensjahr seine Kindheit und Jugend in der Pfalz. Nach der berufsbedingten Versetzung seines Vaters übersiedelte die Familie 1856 nach München, wo er das dortige Ludwigsgymnasium besuchte. 1865 trat er als Artillerie-Kadett in die Armee ein und nahm als Unterleutnant 1866 aktiv am Feldzug gegen Preußen teil. Im Folgejahr quittierte er aus gesundheitlichen Gründen den Militärdienst, um als freier Schriftsteller zu leben.

Bild von Martin Greif

Er besuchte literaturgeschichtliche und philologische Vorlesungen an der Universität, verkehrte in Münchner Dichterkreisen und begann erste Gedichte zu schreiben.  Auf die Frage, was er von seinen Werken halte, bekam er vom Lyrikerkollegen Emanuel Geibel die ruppige Antwort, er solle sie in den Ofen werfen. Enttäuscht wandte sich Frey dann an Eduard Mörike. Dieser übergab sie seinem Verlegerfreund Cotta in Stuttgart, wo Freys erster Gedichtband unter dem Pseudonym Martin Greif 1868 erschien. Laut Kabinettsorder von König Ludwig II. von 1882 durfte Frey sich nunmehr auch mit bürgerlichem Namen Martin Greif nennen. 

Der Dichter arbeitete auch an Historienstücken, wie z. B. „Bayard, der Ritter ohne Furcht und Tadel“, „Hans Sachs“, „Heinrich der Löwe“, „Agnes Bernauer“, „General Yorck“; viele darunter mit wechselndem Erfolg und heute fast vergessen. In Kraiburg begründete Martin Greif durch sein vaterländisches Schauspiel „Ludwig der Bayer oder Die Schlacht bei Mühldorf“ (1892) eine langjährige Festspieltradition. Zeitlos hingegen geblieben ist sein lyrisches Werk. Manche Literaturkritiker stellten ihn gleich neben Mörike. Seine Verse haben einen Klang, wie aus der Seele geschöpft. Er beherrschte die hohe Kunst des Weglassens, der Begrenzung, des Ungesagten.

Vor der Ernte

Nun störet die Ähren im Felde
Ein leiser Hauch,
Wenn einer sich beugt, so bebet
Die andere auch.

Es ist, als ahnten sie alle
Der Sichel Schnitt – 
Die Blumen und fremden Halme
Erzittern mit.    

Mittagsstille

Am Waldsaum lieg ich im Stillen,
Rings tiefe Mittagsruh,
Nur Lerchen hör ich und Grillen
Und summende Käfer dazu.

Die Falter flattern im Kreise,
Kein Blatt rührt sich am Baum,
Die Gräser beugen sich leise;
Halb wach ich, halb lieg ich im Traum.

Martin Greif erntete Ruhm und Anerkennung, der sich in zahlreichen Ehrenbezeigungen (Verdienstorden, Geheimer Hofrat, Ehrenpension) aber auch in der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität München äußerte. 1909 wurde Martin Greif Ehrenbürger von München. Auch Straßen in Bayern und der Pfalz wurden nach ihm benannt. 

Der Dichter lebte unverheiratet und kinderlos. Darum suchte er unter seinen Mitmenschen Familienanschluss. Den bot ihm sein Freund Karl Riedl, Landrat und Brauereibesitzer auf seinem idyllisch gelegenen Schlösschen Geldern in Palmberg, nahe Ampfing, wo er während der Festspielzeit in Kraiburg mehrere Wochen verbrachte. 

Wegen eines Nervenleidens suchte Greif öfters die Heilbäder Meran und Adelholzen auf. Ein schmerzhaftes Nierenleiden zwang ihn im Frühjahr 1911 zu einem Krankenhausaufenthalt in Kufstein. Dort aber verschlimmerte sich zusehends sein Gesundheitszustand. Am 1. April 1911 schloss Martin Greif für immer seine Augen. Schon zu Lebzeiten hatte sich Greif mit seinem Freund Karl Riedl, der ein Jahr später verstarb, nebeneinander eine schöne Ruhestätte im nahen Friedhof ausgesucht.

Von der großen Verehrung für den toten Dichter zeugte die imposante Trauerkundgebung anlässlich der Beerdigung Martin Greifs. Trauergäste aus Nah und Fern, berühmte Persönlichkeiten und einfaches Landvolk gaben ihm das letzte Geleit. Benno Hubensteiner schrieb zum 50. Todestag des Dichters: „Sein Wunsch war eine altbayerisch-prunkvolle Leich. Die Trauergäste sollten in schönen Zweispännern vom Bahnhof abgeholt werden und nicht abreisen dürfen, ohne einen solennen Leichentrunk beim Bräu. Und weil sie jetzt alle kamen, ist es ein richtiges Staatsbegräbnis geworden. Es gab patriotische Reden, Lorbeerkränze, groß wie Wagenräder, und lautes Lob, nur Lob überall.“

Martin Greifs Grab wird seitdem in liebevoller Weise von der Gemeinde Zangberg gepflegt und erhalten. In den Grabstein aus Muschelkalk ist ein bronzenes Medaillon-Portrait des Dichters eingelassen. Darunter sind seine Verszeilen eingemeißelt: 

„Staub ist Hülle jedem Wesen,
Das hervorgeht in der Zeit,
Und doch kannst du in ihr lesen
Den Beruf zur Ewigkeit“.

Quellen: Das Mühlrad, Bde. I, XIII, L


Martin Greif, 1898
Foto: Wikipedia