Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Prälat-Englhart-Straße

Prälat-Englhart-Straße

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger


Geboren am 11. Februar 1886 in Pfarrkirchen als Sohn eines Schuhmachers, studierte er in Passau Theologie, wo er am 29. Juni 1911 zum Priester geweiht wurde. Seine ersten Seelsorgestellen waren Würding, Wegscheid, Regen, Perlesreut und ab 1927 Langdorf. Am 16. Dezember 1940, als der Nationalsozialismus auch gegen die Grundfesten der Altöttinger Wallfahrt anzurennen versuchte, sandte Bischof Simon Konrad Landersdorfer einen seiner fähigsten Domkapitulare als Stadtpfarrer und Stiftspropst nach Altötting. Schon am Allerheiligentag 1940 hielt der designierte Pfarrer am künftigen Wirkungsort seine erste Kanzelpredigt, misstrauisch beobachtet von den örtlichen Parteibonzen, welche ihm rieten, das „schwarze Nest“ schnellstens wieder zu verlassen. Ein Ansinnen, das Josef Englhart mutig und entschieden von sich wies.

Bild von Prälat Josef Engelhart

In den schicksalsschweren Kriegsjahren, verbunden mit Repressalien gegen alles Kirchliche (Einstellung der Pilgerzüge, Einberufung von Wallfahrtsseelsorgern zur Wehrmacht, Verbot der Lichterprozessionen und Bittgänge, Beschlagnahme der Lautsprecheranlage am Kapellplatz für NS-Propaganda usw.) erwarb sich der neue Stadtpfarrer schnell die Sympathien seiner Pfarrangehörigen und rettete so seine Pfarrei über alle Fährnisse und Verfolgungen dieser Zeit. 

An jenem 28. April 1945 kam seine zutiefst männliche Haltung zum Ausdruck, als er dem schwerverwundeten Landrat Josef Kehrer in seinem Amtszimmer die Sterbesakramente spendete, argwöhnisch bewacht von den Nazi-Schergen. 

Wie gefährdet in diesen Tagen unsere Heimatstadt war, bewiesen die vor der Gnadenkapelle in Stellung gebrachten Vierlingsgeschütze zur Flugabwehr und die Splitterschutzgräben auf dem  Kapellplatzrasen gegen alliierte Luftangriffe. Damit wollten die Nazis die Zerstörung des Marienheiligtums ganz bewusst in Kauf nehmen, um endlich die ihnen verhasste „schwarze Brut“ auszulöschen und sich im Staub der Heiligen Kapelle wälzen zu können. 

In der Nachkriegszeit erwies sich Josef Englhart als sozial-engagierter Priester, der nichts unversucht ließ, den Mitmenschen zu helfen. Mit seiner bahnbrechenden Idee, eine Bruder-Konrad-Siedlung an der Raitenharter Straße zu errichten, um so die akute Wohnungsnot zu lindern, gehört Prälat Englhart zu den Begründern des sozialen Wohnungsbaus in unserer Heimat. Mit unbändigem Arbeitseinsatz schufen sich 24, meist kinderreiche Familien, darunter die Hälfte Flüchtlinge, 1949/50 in 600 freiwilligen Arbeitsstunden ihr neues Zuhause. 

Alte Ansicht auf die Prälat-Engelhart-Straße

Doch über allem in Prälat Englharts Priesterleben stand die Seelsorge. Sein Mitarbeiter Kaplan Josef Asenkerschbaumer erinnert sich: „Der bevorzugte Platz  Englharts war im Beichtstuhl neben der Chortreppe. Dort konnte er zu den Menschen am tiefgründigsten von der Liebe Gottes sprechen. Bei aller Sorge um die Pfarrei blieb er ein froher Mensch, der stets unterschied zwischen dem Bösen, das einer getan hat und dem Menschen, der schuldig geworden ist. Danken wir Gott, dass wir diesen Seelsorger gehabt haben.“ 

Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen wurden Prälat Englhart im Laufe seines priesterlichen Lebens zuteil: 

  • König-Ludwig-Kreuz
  • Preußisches Verdienstkreuz
  • Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
  • Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Altötting (1951)
  • infulierter Stiftspropst
  • Apostolischer Protonotar und Päpstlicher Hausprälat
  • Ehrenmitglied des Hohen Domkapitels zu Passau
  • Bischöflicher Geistlicher Rat
  • Kanoniker im Stiftskapitel zum Hl. Rupertus, Altötting

Prälat Josef Englhart verstarb am 5. Mai 1968 im Alter von 82 Jahren nach kurzer Krankheit. Ein langer, nicht endend wollender Trauerzug bewegte sich über den Kapellplatz in die Stiftspfarrkirche, wo er in der Priestergruft der Sebastiani-Kapelle seine letzte Ruhestätte fand. 

„Altötting ist um eine profilierte Priesterpersönlichkeit und um einen aufrechten Mann ärmer geworden“. Mit diesen Worten würdigte der damalige Stadtpfarrer Msgr. Alfons Grüneis seinen verstorbenen Vorgänger im Amt (1940 bis 1957), Prälat Josef Englhart.


Quellen:    Lerch, Manfred: Altötting in alten Ansichten  Bd. 2, 2003
Heimatbuch Altötting
Die Altöttinger Stiftspfarrkirche – St. Philippus und Jakobus, 2010
Stadtarchiv Altötting
Foto: Hildegard Pollety
Foto: Strauß