Nahaufnahme einer Pflasterstraße

Strixnerweg

Strixnerweg

von Manfred Lerch, Stadtheimatpfleger


Am 28. Juli 1782 erblickte Johann Nepomuk Strixner, Sohn des Gerichtsarztes Dr. Franz Seraph Strixner (1730-1786) und seiner Frau Walburga, geb. Thanner aus Ried, in der vormaligen Jesuiten-Apotheke zu Altötting das Licht der Welt. Noch im Kindesalter wurde sein Vater als Gerichtsphysikus nach Wasserburg am Inn versetzt. Da der Knabe großes Geschick im Zeichnen bekundete, erhielt er beim dortigen Bildhauer Eichhorn seinen allerersten Kunstunterricht.

Nach seinem Umzug in die Residenzstadt München im Jahre 1797 besuchte der 15-jährige die „Feyertagsschule für Künstler und Handwerker" unter der Leitung von Professor Hermann Joseph Mitterer, um sich im Zeichnen ausbilden zu lassen und erhielt 1803 eine Anstellung an der kurfürstlichen Galerie. Deren Vizedirektor, Johann Jakob Dorner, lehrte Strixner die Kunst des Kupferstechens. Auch Johann Christian von Mannlich, Generaldirektor der Gemäldegalerie und Kunstinstitute Bayerns, erkannte Strixners Talent und förderte ihn nach Kräften. Er beauftragte ihn mit der Illustration eines „Zeichenbuches für Zöglinge der Kunst und für Liebhaber, aus Raphaels Werken“, dessen Vorlageblätter Mannlich in Rom gezeichnet hatte.

Beim Erfinder des Steindrucks, Alois Senefelder, erlernte Strixner die Technik des Lithographierens, die sich inzwischen über gewöhnliche, mechanische Arbeiten wie den Notendruck hinaus soweit entwickelt hatte, dass man die Reproduktion von Kunstwerken wagen konnte. Johann Christoph Freiherr von Aretin, Direktor der königlichen Hofbibliothek, vereinbarte mit Senefelder die Wiedergabe (Faksimilierung) der im Kupferstichkabinett gesammelten Handzeichnungen alter Meister in Angriff zu nehmen, wozu er ihm bedeutende Finanzmittel in Aussicht stellte. 

Für dieses Pilotprojekt des künstlerischen Steindrucks wurde Johann Nepomuk Strixner auserwählt. Nach zahlreichen technischen Schwierigkeiten erschienen 1808 „Albrecht Dürers Christlich-Mythologische Randzeichnungen aus dem Gebetbuche Kaiser Maximilians", ein Werk, das ungeheures Aufsehen erregte, machte doch die neue Technik der Lithographie eine detailgetreue Wiedergabe von Kunstwerken in hoher Auflage möglich. Goethe pries dieses Werk als „Inkunabel der Lithographie“, die den Illustrationsstil des 19. Jahrhunderts entscheidend prägen sollte. Weitere Editionen von Faksimiles nach Lucas Cranach folgten. 

Zusammen mit Ferdinand Piloty erschien von 1808 bis 1815 das Sammelwerk „Oeuvres lithographiques“. 1820 ereilte Strixner der Ruf nach Stuttgart, wo er bis 1828 in enger Kooperation mit den Gebrüdern Sulpiz und Melchior Boisseree bei einer Studienreise nach Paris inspiriert wurde, den Steindruck noch weiter technisch zu perfektionieren und die „Sammlung der Alt-Niederländer- und Ober-Deutschen Gemälde“ 1833 herausgab. Nachdem 1828 König Ludwig I. von Bayern die Sammlung Boisseree für die ansehnliche Summe von 120 000 Talern erworben hatte, kehrte auch Strixner in die Isarmetropole zurück, um die restliche Lithographierung dieser Bestände zu vollenden. Zu dieser Zeit aber hatte sich die Lithographie in der Kunstszene auf breiter Front schon durchgesetzt und ihr Pionier, Johann Nepomuk Strixner, war nur noch einer von vielen Künstlern, so dass er im fortgeschrittenen Alter zunehmend Schwierigkeiten fand, seinen Lebensunterhalt zu sichern.

Strixner, der zweimal verheiratet war, hatte vier Kinder, lebte jedoch im Alter in bitterer Armut und war auf mildtätige Gaben von Freunden angewiesen. Sein lebenslanger Fleiß und der Erfolg des Steindrucks hatten dem hochbegabten Künstler kein Glück gebracht. So existiert nicht einmal ein lithographiertes Bild von dem Manne, der gerade als Porträt-Lithograph für seine Zeit so Großes geleistet hat.
Johann Nepomuk Strixner starb am 29. Januar 1855 in München. Der Altöttinger Stadtrat ehrte ihn am 15. September 2010 mit einer Straßenbenennung und einer Sonderausstellung im Foyer des Rathauses.