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Malteserkreuze in St. Magdalena

von Hannes Schneider

Zunge, englisch-bayerisch-russisch - Zu den Malteserkreuzen in der Kirche St. Magdalena

Nein, es ist kein Kochrezept für ein Gericht - „à la bavaroise“ quasi - das sich hinter dieser bemerkenswerten Adjektivkette verbirgt. Mit Zunge bezeichnete der in der Kreuzritterzeit gegründete Johanniterorden von alters her seine landsmannschaftlichen Untergliederungen. Aus dem Heiligen Land durch die Osmanen vertrieben, fanden die Herren aus dem Hospitaliterorden 1530, nach Zwischenstationen u.a. in Zypern und Rhodos, auf der Insel Malta ihre Basis. Von diesem Zeitpunkt an entwickelt sich, orientiert am neuen Sitz des Großmeisters, der Name Malteser.

Aber wie ist ihre Präsenz in Altötting zu erklären, die sich augenfällig in den achtspitzigen Kreuzen im Auszug und der Mensa des Hochaltars in St. Magdalena niederschlägt? Wie kommt es, dass die Malteser am Wallfahrtsort der „Englisch-Bayerisch-Russischen Zunge“ angehörten?

Zugegebener Maßen stellt das bayerische Intermezzo am Ende des 18. Jahrhunderts für die   Gesamtgeschichte des Malteserordens nur einen Mosaikstein dar. Seinen Anfang finden wir in dem Bestreben Kurfürst Karl Theodors einen eigenen Hofadelsorden aus der Taufe zu heben und diesen mit dem Eigentum des 1773 aufgelösten Jesuitenordens zu begütern.

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An die Ordensspitze stellte der bayerische Herrscher seinen 13-jährigen, illegitimen Sohn Karl August, Reichsgraf von Bretzenheim. Er fand als Großprior hiermit, wie die anderen adeligen Funktionsträger auch, nebenher einen lukrativen Versorgungsposten.  Da man von Seiten der Führung des Ordens auf der Insel, keine eigene bayerische Verzweigung als Konkurrenz zur bestehenden deutschen schaffen wollte, schloss man diese an die englische Zunge an. Sie bestand seit den Tagen Heinrichs VIII. nur noch dem Namen nach und konnte mit Zustimmung des englischen Königs reaktiviert werden. Die Englisch-Bayerische Zunge war geboren! Das Altöttinger Jesuitenkloster St. Magdalena ging 1781 unter Leitung des Priesterkomturs Johann Felix Eisel in Ordensbesitz über, um sich mit bis zu 14 Ordensgeistlichen an der Wallfahrtsseelsorge – nach Kapelladministrator Dr. Dr. Robert Bauer – „sehr sparsam“ zu beteiligen. Der klassizistische Hochaltar, in der sonst barocken Kirche St. Magdalena, zeigt deshalb seit 1795 die Insignien der „equites rhodi“ (Rhodosritter).

So hatte die Wallfahrt nach Altötting anteilig einen weiteren Ritterorden zu nähren, da die Stiftspropstei bereits seit 1758 in die Leitung eines Großkomturs des Hausritterordens vom Heiligen Georg übergegangen war.

Es waren handfeste strategische Überlegungen, gepaart mit einem kräftigen Schuss Romantik, die das „Russische“ in den Ordensnamen brachten. Sicherlich hatte Zar Paul I. auch ein sentimentales Faible für die Herren aus der Kreuzritterzeit. Jedoch dominierte machtpolitisches Kalkül, den Orden und damit Malta als militärischen sowie eisfreien Brückenkopf im Mittelmeer unter eigene Kontrolle zu bringen, das Interesse des Fürsten von der Newa.

Als Teil der Englischen Zunge, war das polnische Priorat 1793 an den Zaren gekommen und in eine Russische Zunge umgewandelt worden. Aufbauend auf die entsprechenden Staatsverträge zwischen dem souveränen Malteserorden, Kurbayern und Russland war in der Folge die Englisch- Bayerisch-Russische Zunge entstanden. Nach der Gründung 1798 drohte ihr ein Jahr später bereits wieder das Aus. Der neuen Kurfürst Max IV. Josef hatte das Ende der „Maltheserey“ zu einer politischen Absicht seiner Regentschaft erklärt. Dass dem damals chronisch klammen bayerischen Staat der weitere Zugriff auf das Jesuitenvermögen in den Schoß fallen sollte, sei nur am Rande erwähnt. Im Februar 1799 schnell aufgehoben und genauso schnell im Juli des gleichen Jahres wiederbelebt, wusste der spätere König Max I. den erheblichen Groll des Zaren zu besänftigen. Dieser hatte sich zwischenzeitlich einseitig und rechtswidrig zum Großmeister des Gesamtordens erklärt. Die deutliche Drohkulisse Pauls, eine 50 000 Mann starke russische Armee auf ihrem Marsch zum Rhein Kurbayern als Feindesland ansehen zu lassen, war für den Regenten in München dann doch eine Nummer zu groß.

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Nach dem gewaltsamen Ende des Zaren im Jahre 1801 – man erdrosselte ihn mit seiner eigenen Schärpe - verlor die Schutzmacht Russland immer mehr das Interesse am Malteserwesen. Zunächst von der Säkularisation 1803 ausgenommen, fand die Englisch-Bayerisch-Russische Zunge 1808 auch in Altötting durch Aufhebung ihr Ende